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Winter 2002 |
Kaffeepause am Skogafoss Coffee break at Skogafoss |
Schneeverwehungen, Eis und Temperaturen bis -25°C Mit einem Daihatsu Rocky auf Wintertour in Island. Der Winter zeigte was er kann, mit dem kältesten Februar seit 1934. Sandbleche und Winterreifen ohne Spikes helfen nicht bei Schneeverwehungen und zentimeterdickem Eis.
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14. Februar 2002 |
Abfahrt
gegen 8.15 Uhr in Neuhaus. Nach knapp zwei Stunden ist Kelkheim erreicht
und Pit fährt mich auf den Flughafen in Frankfurt. Gegen 12.45 Uhr
trifft auch Lutz mit etwas Verspätung ein- die liebe Bahn mal wieder. Beim
Sicherheitscheck fragen uns die hinter uns stehenden: "Fahrt ihr
zum Dampfeisenbahnfotografieren in die Mandschurei?" "Nein wir
fahren nach Island." Wir unterhalten uns mit einem deutschen
Fotografen und fliegen schließlich mit etwa einer Stunde Verzögerung
ab. Um 17.10 Uhr landen wir bei verhangenem Himmel und 0°C in Keflavik.
Lutz´s Schlafsack wird vermisst, aber bereits bei der Fahrt mit dem
Flybus ruft Icelandair an, daß das gute Stück aufgetaucht ist. Die
Landschaft sieht aus wie eingezuckert und der Bus liefert uns in der
Jugendherberge in Reykjavik ab. Island hat uns wieder. Mitten
in der Nacht singen die einquartierten Isländer bis man fast wahnsinnig
wird. |
15. Februar 2002 |
Die
Nacht war durch den Singsang recht kurz. Mit kleinem Gepäck machen wir
uns auf zu Eimskip. Um 8 Uhr ist es noch immer stockdunkel- aber es wird
bereits gearbeitet. Nach Erhalt der Fahrzeugpapiere marschieren wir im
Regen und Sturm zum etwa einen Kilometer entfernten Zollgebäude.Wir
scheinen eines der ersten diesjährigen Touristenfahrzeuge auf der Insel
zu sein und der Zöllner läuft noch etwas unkoordiniert hinter dem
Tresen umher. Wir bezahlen 5382 IKR Dieselsteuer und erhalten fälschlicherweise
einen "Bensinaufkleber". Erneut ohne irgendwelche Kontrollen
gibt es den Fahrzeugschlüssel zurück und wir verlassen das Zollgelände. Nach
dem Frühstück in der Juhe nehmen wir bei starkem Seitenwind die
Reykjanes Halbinsel unter die Rockyschlappen. Kurz vor dem Flughafen
Keflavik biegen wir links ab und passieren ein erstes großes Lavafeld
mit dem Leuchtturm Reykjanesviti voraus. Am Basaltabbruch direkt am Meer
ist "Flybustreffen". Im Sturm wird fotografiert was das Zeug hält. Die
Piste ist teilweise mit großen, braunen Pfützen übersät und das
Wasser wird vom Sturm nach dem Durchfahren nur so nach oben gepeitscht.
Die blaue Lagune ist nur schwach besucht- denn die meisten Leute sitzen
in der Cafeteria. Der Eintritt kostet stolze 880 IKR. Wir liegen in der
Grotte, dem heißen Teil der Lagune und im Dampfbad. Ein erster
Sonnenstrahl blinzelt gegen 17.30 Uhr über die Dampfwolken des Pools. Wir
tuckern zurück in die Juhe, wo Lutz endlich seinen verlorenen
Schlafsack in Empfang nimmt. Der italienische Abend nimmt seinen Lauf-
es gibt Spaghetti.
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16. Februar 2002 |
Nach
einer wesentlich ruhigeren Nacht in der Juhe verlassen wir Reykjavik in
Grobrichtung Norden. Bei Gardabaer zeigen sich im Landesinneren einige
blaue Flecken am Himmel und deshalb biegen wir nach Thingvellir ab. Die
Strasse ist etwas vereist, aber die Berge links der Strecke leuchten in
schönstem Weiß. In Thingvellir besuchen wir den Öxarafoss in der
Spalte zwischen Amerika und Europa. Der Wasserfall ist mächtig vereist
und ich wage mich nur zögernd auf das viele Eis, da man nicht richtig
sieht, wo Land und wo Wasser darunter ist. Die geldgefüllten Spalten in
den anschließenden Lavafeldern sind nicht zugefroren. Wir umrunden den
See und dabei ist leider der direkte Abzweig nach Laugarvatn gesperrt.
Unser Weg führt weiter am See entlang nach Süden und dann wieder nach
Norden bis Laugarvatn. An diesem See läuft viel heißes Wasser im
Uferbereich in das Gewässer hinein. Dampf liegt in der Luft.
Eisschollen treiben umher und die umliegenden, schneebedeckten Berge
spiegeln sich im Wasser. Am
Geysir ist die Hölle los. Der Parkplatz ist übervoll. Am Geysir Hotel
und im benachbarten Gästehaus sind alle Schlafsackunterkünfte belegt.
Wir fahren Richtung Gullfoss. Kurz vorher ein Hotel mit vielen freien
Zimmern. Auch
am Gullfoss ist viel Betrieb und die Sonne steht goldrichtig. Der völlig
vereiste Fußweg führt an die Abbruchkante des Wasserfalls.
Eisskulpturen, Eisplatten und Eiszapfen liegen in der Sonne und leuchten
um die Wette. Schließlich zeigt sich in der reichlich vorhandenen
Gischt auch noch ein farbintensiver Regenbogen. Wieder
am Geysir hebt sich der Strokkur kaum vom nun neblig grauen Himmel ab.
Es wird zudem ungemütlich kalt. Wir fahren noch kurz zum
"Brotholen" nach Laugervatn und dann zurück in unser Hotel.
Unterwegs fängt es an zu schneien und die ganze Landschaft versinkt
unter einer weißen Schicht aus pulverigem Schnee.
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17. Februar 2002 |
Die
Polarlichter sind uns nicht erschienen. Vor unserem Hotel hat sich
ordentlich viel Schnee angehäuft. Nach dem Bezahlen von 1500 IKR pro
Person schaufeln wir zuerst den Rocky schneefrei. Als einer der ersten
Touris stehen wir nochmals am Geysir und warten auf einen
"Probeausbruch". Der Wasserdampf unterscheidet sich noch immer
nicht vom Himmelsgrau. Es liegt jedoch eine fast geschlossene
Schneedecke und Schneesturm, blauer Himmel, Schneeverwehungen und völlige
Windstille wechseln sich ab. Auf der 35 / 351 kommen wir an das Südende
des Thingvallavatn. Durch hügeliges und tief verschneites Gelände sehe
ich im Augenwinkel ein unbekanntes Strassenschild- also zurücksetzen.
Wir folgen der verschneiten Bergstrasse. Immer tiefere Schneewehen
liegen auf der Strecke. Tief eingegraben steht der Rocky am Strassenrand
zum Fototermin. Links unten befindet sich ein Heißwassergebiet. Mit bis
zu 16% Gefälle geht es durch Schneeverwehungen nach unten und wir
folgen einem Heißwasserrohr über die Mosfellsheidi. Schneebedeckte
Buckelwiesen im Zwielicht und immer wieder "blowing snow". Kurz vor Kopavogur passiert man riesige Parabolantennen, um dann wieder die Ringstrasse zu erreichen. Wir starten die Hvalfjördurumrundung bei einigermaßen Sonnenschein und es wird Zeit für einen Kaffee. Aus einem kleinen Bach holen wir eisigklares Wasser, um am Abzweig zum Wasserfall Glymur Kaffee zu kochen. Innerhalb kürzester Zeit zieht es zu und beginnt ordentlich zu schneien und zu stürmen. Bei Borgarnes queren wir den Borgarfjördur und folgen der Ringstrasse. Immer wieder wechseln Licht und Schatten bzw. Schnee und blauer Himmel. Am Hrutafjördur suchen wir unsere nächste Juhe- Saeberg. Sie liegt direkt am Fjord. Als einzige Gäste bewohnen wir das ganze Haus mit Küche, Wohnzimmer und Pool hinter dem Haus. Mit Hochlandausrüstung sitzen wir in der Küche und der "Hofhund" schwänzelt umher. Draußen wird es gegen 18 Uhr dunkel und der Wind pfeift um das Gebäude.
Schneebedeckte Strasse Snow covered road
Viel Schnee auf der Strasse A lot of snow on the road |
18. Februar 2002 |
Wir
fahren wieder etwas auf der Ringstrasse zurück und passieren auf der 61
zuerst einen fast trockengelegten Fluss mit dicken, abgebrochenen
Eisschollen. Am Hrutafjördur geht die Sonne um 9.56 Uhr über den
Bergen auf. Wir folgen dem Fjord und dabei ist unser ständiger
Begleiter "blowing snow". Stumstark bläst er von links,
rechts und in Fahrtrichtung. Der Boden ist bedeckt von pulverfeinem
Schnee, der in wechselnden Mustern über den Boden getrieben wird. Der
Verkehr ist minimal. Ab und zu fliegen ein paar Raben oder Möwen auf
und in der Brandung schwimmen vereinzelte Enten. Eis klebt an den
Brandungsfelsen und das Treibholz liegt verstreut oder aufgestaut am
Strand. Wir wollen über den Berg auf die Südseite der Westfjorde.
Unser nördlichster Punkt ist Holmavik, wo wir am Ortseingang wenden, um
dann etwas südlicher auf die 605 abzubiegen. Schon nach kurzer
Strecke ist die Piste als "impassable" eingestuft und wir
drehen um. Am Kollafjördur zweigt die 69 ab. Hier schaffen wir etwa
vier Kilometer bis an mehrere Höfe. Dort beginnt eine 4x4 Strecke und
der Boden ist dick vereist bzw. stark mit Schnee eingeweht. Auch hier müssen
wir den Rückzug antreten, da das Fahren von Meter zu Meter schwieriger
wird. Wir machen eine komplette Kehrtwende und fahren bei tausendfach
wechselndem Wetter die gleiche Strecke wieder zurück an den Hrutafjördur.
An dessen Ende liegen die bis zu 40 cm dicken Eisschollen nun fotogen in
der Abendsonne. Das Thermometer auf der Ringstrasse zeigt -10°C. In
der Juhe sind wir nach wie vor die einzigen Gäste im ganzen Haus. Mit
einem kühlen Bierchen gehen wir hinter das Haus, ziehen die Badehosen
an, öffnen die Bretterabdeckung des Pools, sitzen hinein in die etwa 30°C-35°C
warme Brühe und blicken auf den Fjord und die dahinterliegenden,
schneebedeckten Berge. Der aufkommende Wind läßt das Hirn erstarren
und wir begeben uns zurück in die warme Stube in Erwartung der
Polarlichter. Ob sie wohl heute kommen?
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19. Februar 2002 |
Saeberg
ade- um 9.20 Uhr sind wir wieder auf der Piste und umrunden zuerst mal
die Vatnsnes Halbinsel. Auf der Westseite liegt ein kleiner Leuchtturm
und auf der Ostseite erreichen wir den Parkplatz des Basaltgebildes
Hvitserkur im Hunafjördur. Ein tief gefrorener Fußweg führt zu einer
kleinen Aussichtsplattform. Selbst das salzige Meerwasser ist auf
den ersten 30 m gefroren. Die
Piste führt weiter über einen stark zugewehten Minipass am
Vesturhopsvatn. Auf der Ringstrasse treffen wir doch tatsächlich bei
ca. -15°C einen "eisenharten" Fahrradfahrer mit nicht mal
eingefrorenen Gesichtszügen- Respekt! Blönduos
Ortsmitte und die komplett vereiste Blandaa mit Rieseneisschollen wird
hinter uns gelassen. In Varmahlid machen wir einen kurzen Abstecher in
das verschneite Glaumbaer. Da die Sonne nicht richtig scheinen will
fahren wir über die winterliche Öxnadalsheidi bis zum Fjord in
Akureyri. Die dortige Juhe ist auch nur mäßig besucht und wir sitzen
bei einigen kühlen Bierchen auf der Ledercouch im Fernsehzimmer und
.....warten auf die Polarlichter.
One of many c
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20. Februar 2002 |
Die
Berge um Akureyri sind für unsere Verhältnisse schön mit Schnee
bedeckt, aber der Juhebetreiber klärt uns auf, daß sie kaum Schnee
haben und sonst üblicherweise 1m - 2m Schnee in der Stadt liegen. Wir
befahren die Fjordstrasse auf der Westseite. In Dalvik liegen nur ein
paar kleinere Fischerboote im Hafen und viel Schnee wird mit den LKW´s
einfach ins Hafenbecken gekippt. Am Ortsausgang flitzen zwei Skidoos in
rasender Geschwindigkeit an uns vorbei und sind auch schon im weißen
Nichts verschwunden. Die Paßstrasse vor Olafsfjördur ist total zu und
so fahren wir durch den 3,4 km langen Tunnel. Am Ortsausgang von Olafsfjördur
sagt ein Schild "Lagheidi öfaer"- und wir interpretieren
"offen". Die Strecke steigt langsam an und der Schnee auf der
Strasse nimmt zu. Bei den letzten Häusern wundern wir uns, wie diese
Strecke offen sein kann und beschließen umzudrehen. Das Rückwärtsfahren
endet in einer Schneewehe und die Räder fangen an durchzudrehen. Vorwärts-
rückwärts- vorwärts- rückwärts- nichts geht mehr. Also Sandbleche
vom Dach und schaufeln- es hilft nur bedingt. Noch mehr schaufeln- wir
liegen mit dem ganzen Wagenboden auf dem harten Schnee auf. Ein Skidoo
kommt den Pass herunter. Er hilft etwas, um dann anzubieten, einen
Traktor in nächster Nähe zu besorgen. Wir packen den Bergegurt aus.
Der Traktor zieht uns problemlos auf befahrbares Terrain und die
Beifahrerin- eine Deutsche- lädt uns zum Kaffee ein. Am Hof Kviabekkur
mit kleiner Kirche züchten sie Schafe und Pferde. Wir unterhalten uns
lange und dabei klärt sich auch die Sache mit der "offenen
Lagheidi"- das Gegenteil ist richtig. Das isländische Wort
bedeutet "nicht befahrbar". Im
Schneetreiben fahren wir zurück nach Akureyri und gehen dort für 2,5
Stunden ins Schwimmbad mit angeschlossenem Dampfbad. Der Himmel wird
zusehends blauer und die Berge zeigen sich teilweise in strahlendem Weiß.
Ist das Polarlichtwetter? Nach dem Fotografieren von Akureyri bei Nacht
fahren wir bei Dunkelheit auf die andere Fjordseite und dort etwas in
die Berge. Tatsächlich zeigen sich einige Polarlichter, die sich
flackernd verändern, aber zum fotografieren reicht es nicht. Poooolarlicht
oooooho Poooolarlicht.....
Meters
Festgefahren im Tiefschnee Stuck in the deep snow
Erste Hilfe mit einem Traktor First aid with a tractor
Das bedeutet NICHT "offen" This means NOT "open" |
21. Februar 2002 |
So
klar es am Abend war, so bewölkt und schneeverhangen ist es an diesem
Morgen. Nach Besuch der Tourist Office verlassen wir Akureyri. Lutz´s
Badehose wollte nicht mit und so geht es nochmals zurück. Endlich
verlassen wir den Ort und steigen Meter um Meter aufwärts. Es schneit
unaufhörlich und die Kontraste in der weißen Einheitslandschaft sind
minimal. Der Schneegriesel bildet "Rauchfahnen" am Boden und
hinter jedem Fahrzeug ist die Sicht gleich Null. Am
Godafoss sind wir natürlich die einzigen Besucher und ich stapfe bei
ziemlich diesigem Wetter über die Schneefelder zur Abbruchkante des
Wasserfalls, der mit vielen Eiszapfen dekoriert ist. Im Zulauf
liegen jede Menge aufgestellte Eisplatten und auch im Abfluss hat es
Treibeis. Die
Ringstrasse bringt uns an den Myvatn und dort an den Campsite in
Reykjahlid. Es ist keinerlei Betrieb. Der Parkplatz ist vereist wie eine
Schlittschuhbahn und die Hütten sind mit meterhohen Schneeverwehungen
bedeckt. Auf Unterkunftssuche fahren wir in die Gemeindehalle und warten
dort, bis jemand erscheint. Nach mehr als 30 Minuten rührt sich nichts
und so kommen wir nach Vogar in eine Art Containerdorf. Hier ist Übernachten
möglich. Wir starten die große Myvatn Tour über den Berg nach
Namaskard. Auch hier ist alles weiß und an der Aussichtsplattform auf
die Solfataren hängen Eiszapfen schräg im Wind. Die Temperaturmeßstelle
an der Strasse zeigt -10°C und wir wollen sehen, wie es an der Krafla
aussieht. Das Kraftwerk und der Rohrbogen dahinter wird passiert. Die
anschließende Steigung ist dermaßen vereist, daß der Rocky den
Vortrieb verliert und seitwärts nach hinten rechts abdriftet. Er bleibt
kurz vor einer zwei Meter tiefen Böschung hart am Rand stehen. Vortrieb
ist nicht mehr möglich. Wir brauchen wiederum die Sandbleche. Diese
schießen jedoch wie Geschosse nach hinten weg und wir driften weiter in
Richtung Abhang. Der Weg ist eisig glatt und ich stürze rückwärts den
Hang hinunter. Dabei reiße ich das rechte hintere Rücklicht aus der
Verankerung, so daß es nur noch an den Kabeln hängt und nach unten
baumelt. Auch Lutz findet sich am Boden wieder und rutscht unter die
vordere Bullbar. Wir versuchen mit der Schaufel etwas Splitt abzugraben,
aber der Boden ist steinhart gefroren. Wir lassen an den Hinterreifen
Luft ab. Schließlich kommen wir mit etwas schwer erarbeitetem Splitt
etwa drei Meter weiter und lassen dann den Rocky langsam rückwärts
nach unten rollen. Nach zwei Stunden Arbeit im inzwischen aufgekommenen
Schneefall und starken Wind laden wir die unnützen Sandbleche wieder
auf und schleichen im Schneetreiben zurück zu den Containern in Vogar. Wir
machen Quartier. Sofort kommt eine überaus freundliche Isländerin und
schaltet die Heizungen und den Fernseher im Wohncontainer ein. Wir
sitzen in der Küche- natürlich mal wieder alleine- und warten bis das
Wohnzimmer durch die Heizung in die Plusgrade wechselt. Der Rücken
schmerzt erheblich vom Sturz in die Tiefe- sonst ist alles bestens.
Island im Winter- da ist alles anders.
Gefrorener
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22. Februar 2002 |
In der Nacht kam der Schneesturm und er pfeift mächtig um unser Containerdorf. Es ist so viel Schnee in der Luft, daß die Sicht teilweise geringer als 20 m ist. Wir beschließen unter diesen widrigen Umständen einen weiteren Tag zu bleiben und besseres Wetter abzuwarten. Der Wohncontainer hat zwischenzeitlich eine angenehme Temperatur erreicht und wir hören Musik aus dem alten Grundig Fernseher mit gleichzeitigem Frage- und Antwortspiel auf dem Bildschirm. Ab und zu ist die Sicht besser und wir sehen auf den Krater Hverfjall- aber dann ist er auch bereits wieder verschwunden. Wir erblicken blaue Streifen am Himmel und rennen raus, um einen kleinen Schlitz am nicht vollständig geschlossenen Seitenfenster des Rockys zu beheben. Das Wageninnere ist durch die mikroskopisch kleinen Schneekristalle weiß eingezuckert. Der Luftkompressor zum erneuten Aufpumpen der Hinterräder versagt den Dienst- wahrscheinlich ist auch er eingefroren.....und schon wieder sind wir im warmen Container. Am Abend läuft Buena Vista Social Club mit isländischen Untertiteln.
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23. Februar 2002 |
Über
den umliegenden Bergen geht tatsächlich die Sonne auf und es ist fast
windstill. Wir verlassen unseren schneeverwehten Container und umrunden
den Myvatn im Gegenuhrzeigersinn. Die ganze Seenlandschaft liegt tief
verschneit in der Sonne. Ein einzelner Schwan schwimmt dekorativ in die
Mitte des teilweise vereisten Sees. Nach dem Bunkern von Luft und Diesel
geht´s nochmals ab nach Namaskard. Die Wetterstation zeigt -16°C. An
der hölzernen Aussichtsplattform vor den Solfataren hängen die
Eiszapfen in der tief stehenden Sonne. Die
Fahrt über das Hochland ist ein Traum in Weiß. Die Temperaturen fallen
auf geschätzte minus 25°C. Alle Seitenstrassen zum Dettifoss, Askja
und zum Kverkfjöll sind gesperrt. Die Piste führt lange Zeit über
komplett vereiste Streckenteile und urplötzlich fahren wir durch einen
Blizzard. Der Himmel ist noch immer srahlend blau, aber in Bodennähe
ist die Sichtweite kleiner als fünf Meter. In
Egilsstadir fassen wir Betriebsstoffe und wir rollen weiter in Richtung
Höfn an der Südküste. Nach etwa 35 km wird unser Vorwärtsdrang jäh
von bis zu 50 cm tiefen und sehr langen Schneewehen gestoppt. Ein isländischer
Quadfahrer meint, daß es auf dem Berg noch viel übler wird. Wir
schaufeln den Rocky mal wieder frei und treten den Rückzug an. Der
Schneepflug soll morgen früh um 8 Uhr kommen. Beim zweiten Versuch
erhalten wir ein Nachtquartier etwas außerhalb von Egilsstadir.
Gefrorene Aussichtsplattform bei Namaskard Frozen viewing point at Namaskard
Eiszapfen bei Namaskard Icicles at Namaskard
Es ist kalt It is cold
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24. Februar 2002 |
Der
Schneeschieber kam nach Rückfrage an der Tankstelle nun doch nicht und
so müssen wir auf der 92 über den Berg nach Reydarfjördur fahren. Die
Temperaturen bewegen sich von -16°C abwärts. Es liegt sehr viel
Schnee, aber man sieht, daß hier geräumt wurde. Auf der 96 passieren
wir bei Traumlicht Faskradsfjördur, Stodvarfjördur und schließlich
Breiddalsvik. Durch die vielen Berge an den Fjorden geht die Sonne ständig
auf und unter. Unendlich viele Fotopausen sind notwendig. Ein ständiger
Begleiter ist der mikroskopisch feine, kristalline Pulverschnee, der über
die Strasse, Berge und Hänge getrieben wird. Am Leuchtturm
Streitishvarf machen wir eine kleine Kaffeepause und dann umrunden
wir Fjord auf Fjord. Die Berge am Wasser strahlen in brilliantem Weiß.
Die Kreditkartentankstelle in Djupivogur will keinen Diesel ausspucken
und auch eine auf der Karte eingezeichnete Tankstelle bei Starmyri
finden wir nicht. Deshalb muß Lutz bei klirrender Kälte den
Reservekanister einfüllen. Die Piste / Ringstrasse ist nun knüppelhart
mit Eis belegt und das Fahrzeug wird von einer gefrorenen Spur in die nächste
geworfen. Die
Loni ist tief vereist und muß noch bis zum Sommer warten. In Höfn ist
die Juhe geschlossen und so fahren wir weiter bis zum Gästehaus
Brunnholl. Die Besitzerin erzählt, daß gerade mal wieder ein James
Bond auf dem Gletscher und am Jökulsarlon gedreht wird und deren Crew
von 200 Leuten alle folgenden Unterkünfte belegt hat. Wegen des Films
wurden in Egilsstadir 200 Bäume gefällt, um auf dem Gletscher eine
"alpine landscape" nachzubilden. Draußen ist es sternenklar
und die Polarlichter können kommen.....
Berge an der Küste Mountains at the coast
Mond mit Rocky Moon with Rocky |
25. Februar 2002 |
Gegen
7.55 Uhr reißt mich der "Fastvollmond", der gerade über dem
Gletscher steht und ins Zimmer scheint aus dem Schlafsack. Das ist der
erste Fototermin des Tages. Da das Wetter besser als die Vorhersage zu
werden scheint, brechen wir zügig auf. Bereits nach ca. 200 m bleibt
der Rocky mangels Vortrieb stehen. Der Dieselzusatzfilter wird
gewechselt, aber die Situation verbessert sich nur geringfügig. Wir
rollen nochmals zurück in die Boxengasse- sprich in die Garage des Gästehauses
und erwärmen die Filter mit Elektrolüfter und Föhn. Der Hausherr erklärt,
daß die Tankstellen im Winter schon mal etwas zu wenig Fließverbesserer
in den Sprit mischen und deshalb die Fahrzeuge liegen bleiben. Jaaaa nun
nimmt der Japaner wieder Gas an. Wir
passieren "Location C" um dann am Eissee Jökulsarlon den
Drehort "Location A" des neuen James Bonds zu erreichen.
Viele Container, Zelte und Fahrzeuge stehen am Eissee und ein Helikopter
macht Aufnahmen über dem See. Der Jökulsarlon selbst ist oberflächlich
eingefroren und die Eisberge ragen unwirklich gen Himmel. Es weht ein
schneidig kalter Wind, aber diese ungewöhnlichen Fotos müssen natürlich
geschossen werden. Nach
dem Eissee passieren wir den Abzweig zum Skaftafell und die als Monument
am Strassenrand liegende und beim letzten Gletscherlauf stark verbogene
Ringstrassenbrückenkonstruktion. Im Skeidararsandur und in der nach
Kirkjubaerklaustur anschließenden Eldhraun bzw. dem Myrdalssandur haben
wir wieder "blowing snow" der feinsten Art. Die Sicht geht
gegen Null. In Vik machen wir Quartier bei "Katrinar". Wir
bewohnen einen Teil des unteren Stockwerks eines typisch isländischen
Hauses. Draußen bläst der Sturm mit etwa 100 km/h, aber es ist warm
geworden- nur noch -5°C.
Schneebedeckte Berge Snow covered mountains
Zwei Spione beobachten- Am Eissee wird für "007 James Bond- Stirb an einem anderen Tag" gedreht Two spies observe- At the ice lagoon they are shooting for "007 James Bond- Die Another Day"
Der zugefrorene Jökulsarlon Eissee The frozen Jökulsarlon icelake
Der zugefrorene Jökulsarlon Eissee The frozen Jökulsarlon icelake
Der zugefrorene Jökulsarlon Eissee The frozen Jökulsarlon icelake
Minieisberg- aber wir haben keinen Whisky mehr Mini iceberg- but we don´t have any whisky left
Eisbahn Ice track |
26. Februar 2002 |
Blauer
Himmel, Sonne und -10°C. Wir verlassen Vik und biegen nach wenigen
Kilometern links nach Dyrholaey ab. An einer Schneewehe drehen wir
jedoch wieder ab und fahren an den Skogafoss. Er ist völlig vereist-
liegt aber noch stark im Schatten. Deshalb besichtigen wir zuerst das örtliche
Heimatmuseum. Bereits bei unserer Ankunft kommt der rührige Betreiber
auf uns zu und führt uns persönlich durch alle Räume. In einem
"Kauderwelsch" aus deutsch, englisch und isländisch erklärt
er uns alle hier zusammengetragenen Gegenstände. Zuletzt führt er uns
in die kleine Kirche, setzt uns auf die harten Kirchenbänke, spielt auf
der Orgel und wir singen gemeinsam Lied 3 / 29 und zum Abschluß die
deutsche Nationalhymne. Nun
paßt auch das Licht am Wasserfall. Schneeweiße Eiszapfen und viel Eis
vor dem 60 m hohen Wasserfall dekorieren die Szenerie. Das ganze wird
noch zusätzlich verziert mit einem schönen Regenbogen. Nach kurzer
Weiterfahrt ist der Eingang zur Thorsmörk erreicht. Wir wagen uns
hinein ins Tal, kommen an der alten Brücke vorbei und dann noch weitere
4,5 km bis zur ersten, vereisten Wasserdurchfahrt. Dicke Eisplatten sind
abgebrochen und das ist das Ende. Auch
am Seljalandsfoss warten wir etwas auf besseres Licht. Mehrere kleine,
vereiste Wasserfälle mit teilweise roten Eiszapfen und der Oberteil des
Seljalandsfoss werden abgelichtet. Auf dem Weg nach Hella geht der
Vollmond an der Hekla auf. Wir lassen uns in der Stadtmitte nieder- doch
oh Graus für 1900 IKR keine Kochgelegenheit, dafür aber ein
Fernsehzimmer mit 200 Quadratmetern. Ein weiterer "Rückschlag"
ereilt uns am Schwimmbad- es hat heute geschlossen. Deshalb setzen wir
uns als einzige Gäste in die Hotelhalle und "glotzen fern".
Am Skogafoss an der Südküste At Skogafoss on the south coast
Regenbogen am Skogafoss Rainbow at Skogafoss
Oberteil des Seljalandsfoss Upper part of Seljalandsfoss
Thorsmörk
Zu hohe Kanten an der Wasserausfahrt- wir kapitulieren Too high edges at the river- we surrender |
27. Februar 2002 |
Vor
der Abfahrt erhalten wir noch einen kostenlosen Kaffee und damit erhöht
sich die Note für den technischen Wert der Herberge auf 3,2. Schon
wieder haben wir makellos blauen Himmel und "etwas Sturm". Das
Reisen auf der Ringstrasse geht recht flott und so biegen wir nach dem
Queren der Tjorsa auf die 30 und dann auf die 32 ab. Diese Strasse folgt
der Tjorsa und es liegt jede Menge Eis im Flussbett. Am Hjalparfoss bläst
es in Eiseskälte. Der Wasserfall ist fast völlig eingefroren und liegt
leider im vollkommenen Schatten. Ein Bild am Nachbau von Stöng und wir
machen uns nochmals auf zum Geysir. Über eine Brücke queren wir die
nur noch unter dem Eis fließende Hvita. Regelrechtes Packeis liegt an
dem hier sehr schmalen Fluss. Die
Raststätte am Geysir ist fest in deutscher Hand. Ich bestelle in
"bestem englisch" einen Hotdog und werde von der Bedienung auf
deutsch zurückgefragt: "Was wollen sie drauf haben?" Fest
vermummt kommen wir unseren touristischen Pflichten nach und gehen über
das Geysirfeld. Bei tiefblauem Himmel schießt die Wasserdampffontäne
nach oben und zeichnet sich scharf gegen den Himmel ab. Der Dampf am
"blauen Auge" hat großflächig schöne Eisgebilde auf den
Boden gezaubert. Wir begeben uns auf dem kürzesten Weg zur Juhe in Laugarvatn. Drinnen ist es mollig warm. Das Schwimmbad öffnet um 17 Uhr und wir sitzen bei einer Außentemperatur von -4°C im 43°C warmen Hotpot. Beim Verlassen des Schwimmbades steht wiederum der Vollmond tief über dem See. Wir lümmeln in der Juhe umher..... und warten natürlich auf die Polarlichter.
Eisschollen auf der Hvita Floating ice on Hvita
Ausbruch des Strokkur Eruption of Strokkur
Eiskristalle Ice crystals
Vollmond am Laugarvatn Full moon at Laugarvatn |
28. Februar 2002 |
Hinter
der Juhe geht die Sonne auf und spiegelt sich im See und für uns ist es
Zeit in den warmen Süden nach Hveragerdi zu fahren. Nach kurzer
Ortsrundfahrt sind wir die einzigen Besucher im Touristentempel Eden und
fallen deshalb auch entsprechend auf. Am Hveragerdi Kreisverkehr steht
eine weitere Temperaturmeßstelle mit -6°C und so nehmen wir die südliche
Küstenstrasse 42. An einer etwa 40 cm tiefen Schneewehe am Meer wird
Lutz nervös, fährt aber trotzdem weiter. Nun wendet sich die Strasse
nach Norden und wir kommen links an ein kleines, sehr schön
verschneites Solfatarenfeld. Es ist blauer Himmel, es ist warm, wir
trinken Kaffee im Freien und unterhalten uns lange mit zwei deutschen
"Mittouristen". Der
Kleifarvatn ist komplett zugeeist und es fahren Skidoos darauf bzw. es
wird eisgeangelt. Am südlichen Ende des Sees stehen zwei Dampfsäulen
am oder im See- leider für den Rocky aber unerreichbar. Auf unserer
weiteren Strecke sind mehrere Gestelle mit Trockenfisch in der kalten,
klaren Luft aufgebaut und einige Krähen versuchen ihren Teil
abzubekommen. Im
Hafen von Hafnarfjördur machen wir einen kleinen Rundgang und beschauen
uns einen Allrad Bergetraktor sowie das geschlossen aussehende
Vikingerzentrum. Weiterhin am Weg nach Reykjavik liegt Toyota/Arctic
Truck. Monsterjeeps von der Antarktisexpedition und sonstige Superjeeps
stehen im sehenswerten Showroom. Auf der Perlan hat man einen
Spitzenblick auf die Stadt mit der Hallgrimskirche als dominierendem
Bauwerk. Nach ein bißchen Internet in der Juhe fahren wir für 200 IKR
mit dem Bus in die Stadt und nehmen im Dubliner etwas am Reykjaviker
Nachtleben teil.
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1. März 2002 |
Eine
kurze Einkaufstour führt uns in den Kringlan und zum Hardrockcafe. Die
letzten Kilometer Island nimmt der Rocky dann zu Bilabud Benna unter die
Räder, um dort seine "großen isländischen Brüder" zu
verabschieden. Nach letztmaligem Tanken wird er dann wieder zur
Heimverfrachtung bei Eimskip abgegeben. Es folgt etwas Fernsehen in der
Juhe und eine weitere Busfahrt in die Stadtmitte. Es sind die Tage des
Lichts. Auf eine Riesenleinwand wird ein abstürzender Wasserfall samt
infernalischer Tonuntermalung projeziert und ein Künstler sägt mit
Elektrokettensäge Skulpturen aus Eisblöcken. Der
Betrieb im Dubliner läuft langsam an, aber gegen 22.30 Uhr fallen die Gäste
ein und der Laden wird proppevoll. Wir unterhalten uns mit Deutschen,
Isländern............und es wird spät.
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2. März 2002 |
Nichts
geht mehr- kein Fahrzeug- keine Lust. Wir hängen vor der Glotze und
schauen Fußball. Danach sitzen wir bei leichtem Schneefall im
benachbarten Schwimmbad und lassen uns garen. Als Abschluß gibt es noch
Pizza mit Cola für 3400 IKR. |
3. März 2002 |
Um
5 Uhr holt uns der Flybuszubringer an der Juhe ab und eine Stunde später
sind wir bereits am Flughafen in Keflavik. Pünktlich besteigen wir die
Icelandair Maschine und kommen gegen 11.45 Uhr in Frankfurt an. Nach
einem ersten Lagebericht bei Pit und Karin haben wir unsere Islandtour
beendet. |
Fazit |
Nach 11x Island im Sommer war dies die erste Tour im Winter. 3100 km führten uns hauptsächlich auf der Ringstrasse um die wie wir glaubten bekannte Insel. Aber das war (fast) ein Fehler. Island im Winter ist völlig anders. Das Wetter ist allgegenwärtig und sehr schnell kann man in kritische Situationen geraten. Deshalb ist bei einer Wintertour eine gute Ausrüstung unbedingt notwendig. Große Winterreifen nach Möglichkeit mit Spikes, Schaufel und Pickel sollten mitgenommen werden. Die Tour "am Rande der Insel" war auch ohne Hochlandpisten eine echte Herausforderung und die im Sommer oftmals als Spinnerautos titulierten isländischen Superjeeps haben hier absolut ihre Berechtigung. Es gilt aber weiterhin Island- ob Sommer oder Winter- ist immer eine Reise wert. |
12.8.2020 |